Intercityzuschlag

Früher, als der Intercity noch das Flaggschiff der Bahn war, wurde seine Benutzung mit einem entfernungsunabhängigen Zuschlag belegt. Die Reise mit Fernzügen unterhalb der IC-Gattung war zuschlagfrei. Es gab auch zuschlagfreie Intercitys. Diese hatten häufig Orte wie Munster (Örtze) als Ziel und waren im Kursbuch Schiene mit dem Vermerk "Besonders geeignet für Bundeswehr-Familienheimfahrten" versehen. Diese Formulierung wurde unter anderem von Max Goldt angemessen gewürdigt. Heißt sie doch eigentlich "Besonders ungeeignet für Fahrgäste, die ungern in Gesellschaft von Betrunkenen reisen".

Im Jahre 2002 wurde dann der Interregio faktisch abgeschafft. An seine Stelle trat tariflich der Intercity. Der Zuschlag wurde (vernünftigerweise) entfernungsabhängig. Der letzte fixe Intercityzuschlag, den ich in Erinnerung habe, betrug 7 DM. Die gemeinsame Geschichte von Intercityzuschlägen und Euro war zu kurz, um bei mir Erinnerungen zu hinterlassen. Natürlich hinkte die Umrüstung der Interregiowagen auf Intercitystandard der Tarifumstellung hinterher, aber da die Mehrkosten nicht mehr explizit durch einen eigens zu erwerbenden Zuschlag abgebildet worden sind, sondern im Fahrkartenpreis versteckt wurden, regte sich wenig Unmut gegen diesen Aufpreis ohne Gegenleistung. Vorbei die Zeiten der zuschlagfreien Intercitys, herbei der zuschlagpflichtige Interregio. Krönung war ein intercity, der bis 2004 zwischen Heidelberg und Stuttgart mit druckunertüchtigten Wagen durch die Tunnels der Schnellfahrstrecke im Kraichgau brauste. Es muss wohl mindestens der betriebsärztliche Dienst der Bahn gewesen sein, der dieser ohrenbetäubenden Tortur ein Ende setzte.

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Heute ist der entfernungsabhängige Zuschlag beträchtlich geworden. Beispiele wie das nebenstehende zeigen, dass die Verkehrsmittelwahl zwischen Weinheim und Gießen (etwa 140 km) schon mal 11 Euro ausmachen kann, also das Dreifache des Preises vor sechs Jahren. Dies nicht bei dem international bestaunten Geschwindigkeitswunder, das Taunus und Westerwald mit bis zu 300 Sachen fährt, sondern einem Zug mit einem Durchschnittstempo von 75 km pro Stunde.

11 Euro bei 140 km, das war vor gut zwanzig Jahren mal der Grundpreis für die Fahrt. Jetzt ist es der Unterschied zwischen zwei Zugtypen.

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